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Schadenversicherung 
Donnerstag, 01.07.2021

Leistungskürzung in Kasko: Gefahrerhöhung durch Parken vor statt in der Garage

Der Fall:

Die Klägerin nahm die Beklagte aus einer Kfz-Kaskoversicherung wegen eines Fahrzeugdiebstahls in Anspruch. Die Tarifierung in der Kaskoversicherung war unter Berücksichtigung des Merkmals "nächtlicher Einstellplatz: Garage" erfolgt.

An einem Abend stellte der Ehemann der Klägerin das Fahrzeug gegen 21.30 Uhr unmittelbar vor der Garage ab. Am nächsten Morgen musste er gegen 07.00 Uhr feststellen, dass das Fahrzeug verschwunden war.

Die Beklagte regulierte den Schaden gegenüber der Klägerin, brachte allerdings 40 % Eigenverschulden in Ansatz, weil der Ehemann das Fahrzeug nach ihrer Ansicht nicht ordnungsgemäß gegen unbefugte Benutzung gesichert hatte. Insbesondere habe er das Fahrzeug nicht wie im Versicherungsvertrag vorausgesetzt, in die Garage gebracht, sondern lediglich vor der Garage abgestellt.

Die Klägerin war der Meinung, dass die Beklagte nicht zur Kürzung der auszuzahlenden Versicherungssumme berechtigt sei.

Die Entscheidung:

Das Gericht entschied, dass die Beklagte die Leistung aus der Kaskoversicherung wegen einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadenfalles gem. §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 VVG i.V.m. Ziffer A.2.20.2 AKB 2014 um 30 % kürzen durfte.

Gemäß §§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1 VVG ist der Versicherer bei einer grob fahrlässigen Gefahrerhöhung des Versicherungsnehmers dazu berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Dabei trägt der Versicherungsnehmer die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit.

Laut Ziffer A.2.20.2 der vereinbarten AKB galt:

"Bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Schadens gem. § 81 VVG verzichten wir darauf, unsere Leistungen einem der Schwere Ihres Verhaltens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Das gilt nicht bei grob fahrlässiger Ermöglichung des Diebstahls des Fahrzeuges ...."

Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten zu berücksichtigen Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Zu diesem besonders schweren Verstoß gegen die objektiv erforderliche Sorgfalt muss der Vorwurf eines subjektiven nicht entschuldbaren Verhaltens hinzukommen, das erheblich über das gewöhnliche Maß hinausgeht.

Diese Voraussetzungen waren aus der Sicht des Gerichts vorliegend erfüllt. Der Versicherungsvertrag hatte ausdrücklich vorgesehen, dass als nächtlicher Einstellplatz die Garage genutzt wurde. Auf dieser Grundlage hatte die Beklagte die Höhe der Versicherungsprämie kalkuliert.

Gegen diese Obliegenheit war verstoßen worden, indem der Ehemann der Klägerin am fraglichen Abend das Fahrzeug vor der Garage stehen gelassen hatte. Er hatte ausgesagt, dass er es schlicht vergessen habe, das Fahrzeug noch in die Garage zu fahren. Es komme sicherlich etwa einmal pro Woche vor, dass er das Fahrzeug vor der Garage stehen lasse.

Durch dieses Verhalten hatte der Ehemann der Klägerin die Gefahr eines Diebstahls deutlich erhöht, da die Täter nicht mehr in die Garage eindringen mussten, um das Fahrzeug zu entwenden. Dies war ihm bewusst, zumal sich die Klägerseite in dem Versicherungsvertrag ausdrücklich dazu verpflichtet hatte, das Auto nachts in die Garage zu bringen. Insbesondere der von der Klägerseite gemutmaßte Tatverlauf, wonach die Täter im Wege des "Homejacking" die Daten des Fahrzeugschlüssels ausgespäht haben könnten, wäre wesentlich erschwert worden, wenn die Täter noch in die Garage hätten eindringen müssen.

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