In den Benelux-Ländern sind solche Angebote offenbar besonders häufig, denn die belgisch-holländische Finanzmarktaufsicht FSMA warnte Ende Juni dieses Jahres ausführlich. Es geht meist um die großen Champagnermarken, die "Grand Cru"-Weine aus der Bordeaux-Umgebung und um Cognac.
Beschrieben wird dort der Ablauf wie folgt: Zunächst werden Flaschen des guten Saftes in noch relativ jungem Zustand zum Kauf angeboten. Das Angebot der Anbieter geht jedoch darüber hinaus. Er bietet auch an, die Flaschen aufzubewahren, natürlich angeblich unter Beachtung der bestmöglichen Lagerungsbedingungen. Das Angebot umfasst zudem die Suche nach einem Käufer, der dann so viel für die inzwischen gealterten Flaschen bezahlt, dass ein guter Gewinn dabei für den Anleger herauskommt. Der Anleger bekommt also die Flaschen niemals zu Gesicht. Am Ende soll dann nur die Überweisung des Gewinns auf sein Konto stehen.
Die FSMA rät:
Wenn außergewöhnliche Renditen in Aussicht gestellt werden, sollen Anleger besonders vorsichtig sein.
Wenn der Anbieter keinen Firmensitz nennt oder einen solchen im fernen Ausland, dann ist meist Gefahr im Verzug.
Gleiches gilt, wenn die Homepage erst seit kurzer Zeit besteht.
Wenn die Geldeinzahlung nicht an die Firma selbst erfolgen soll, oder auf ein Konto im Ausland, dann ist gleichfalls große Vorsicht geboten.
Wenn die Kontaktperson (der Vermittler der Anlagen) aufdringlich ist, ist auch das ein Zeichen für möglichen Betrug.
Grundsätzlich gilt, dass die Auswahl, die Lagerung und der Verkauf von Champagner, Wein und Spirituosen intensive Fachkenntnisse erfordern. Ein Kenner und Experte wird "seine Flaschen" kaum einer ihm bislang unbekannten Firma überlassen.
Wald und Agrarflächen und dergl. sind hochspekulative Anlageformen, egal was der Anbieter und sein Vermittler vor Ort dazu sagt. Für das Risiko sorgt zunächst vor allem die Natur. Neben dem Borkenkäfer drohen dem Wald Stürme, Waldbrände und jede Mange Krankheiten. Agrarflächen, die gute Erträge versprechen, sind in den Händen von Großbauern. Sowohl bei Wald wie auch bei Agrar besteht das erhebliche Risiko, dass in den Vertrieb an Anleger nur Objekte kommen, die die Profis nicht haben wollen. Ein weiteres Problem ist die Preisfindung bzw. die Beurteilung des Preisangebotes. Das ist eine Aufgabe für unabhängige Experten und die sind teuer. Wenn im Internet breiten Anlegergruppen mit Mindestbeteiligungen unter 100.000 Euro Wald oder Agrarland angeboten wird, dann dürfte, alleine wegen der Gutachterkosten, eher mit geringen Erträgen zu rechnen sein und das Vermögensverlustrisiko ist dann auch extrem hoch.
Schlagworte wie Nachhaltigkeit und Renditeangebote von mehr als 6 % p.a. auf viele Jahre ohne deutliche und verständliche Risikohinweise, rechtfertigen fast immer eine dringende Warnung. Auch bei diesen Angeboten gelten die Ratschläge der FSMA - siehe oben.
Die BaFin hat im Internet einen, in teilweise fürchterlichem Deutsch mit sehr vielen Schreibfehlern, verfassten Brief veröffentlicht, den ein offensichtlich mehr als dubioser Anbieter an Geschädigte eines Tradingangebotes verschickt hat - mit einkopiertem BaFin-Briefkopf und der gefälschten oder kopierten Unterschrift des (inzwischen) Ex-Präsidenten Felix Hufeld. Im Brief wird die falsche Behauptung aufgestellt, dass der erlittene Vermögensverlust gegen eine Gebühr i. H. v. 14 % des eingesetzten Geldes von der BaFin ausgeglichen würde. Es muss wohl nicht weiter erklärt werden, dass diejenigen, die die Gebühr wirklich bezahlen, damit einfach nur ihren Verlust um die Gebühr erhöhen.
Im internationalen Finanz-Sprachgebrauch nennt man obiges Vorgehen des Anbieters "Recovery Room" im beschriebenen Fall "Recovery Room Fraud" (in etwa: Verlustregulierungsbetrug). Dies ist eine besonders erfolgreiche Form des Anlagebetruges, weil die betroffenen Anleger bereits wissen, dass ihr Geld mit großer Wahrscheinlichkeit auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist. Wenn da nun einer kommt, der, gegen welche Gebühr auch immer, verspricht, das Geld zurückzuholen, dann schauen die Anleger nicht mehr so genau hin, weil ja nun wieder die Flamme der Hoffnung brennt. Oft ist es bei dieser Betrugsform auch so, dass hinter dieser angeblichen Geldrückholaktion derselbe Anbieter steckt, bei dem das Geld "verloren" wurde. Darauf weist auch die BaFin hin.
Geheimnisvoll und vielversprechend klingt die E-Mail, wonach die Bundeskanzlerin bei einer wichtigen Sitzung, in einem Nebensatz eine Bemerkung gemacht haben soll, die auf eine schnelle und sichere Gewinnchance hinweist. Wer den Link anklickt, muss natürlich zunächst einmal Geld einzahlen. Das mag vielen Anlegern zu vage sein und allzu unwahrscheinlich klingen. Der Trick ist offenbar dennoch erfolgreich, weil er seit Monaten in zunehmender Häufigkeit angewandt wird.
Das Spiel ist ganz einfach: Wer einzahlt, hat verloren. Von der Firma und von dem Geld hört er nie mehr etwas. Meist holt er sich zusätzlich noch einen Trojaner ins Haus. Es ist natürlich nicht immer der Name der Bundeskanzlerin, der da missbraucht wird. Die Namen von Prominenten aller Art, vom Fernsehmoderator bis zum bekannten Sänger, Sportler, Politiker usw., werden missbraucht. Wehren können sich alle nicht, weil die Firma meist gar nicht existiert.
Das steht in einer Mail vom Juni dieses Jahres. Mit "Klicke hier, um es auszuprobieren" endet die Mail. (Wir haben vorsichtshalber nicht geklickt!)
"Wir haben gerade unsere beliebteste Kampagne neu gestartet, in der Sie mehr über die lukrative Profitmaschine erfahren können, von der die großen Banken nicht wollen, dass Sie sie kennen." Schreibt uns ein Alexander Aachen.
Eine Anke Friedman, deren E-Mail-Adresse auf "cherryheart.org" endet, benachrichtigt uns, dass unser "aktueller Gewinn 0 €" betrage und der geschätzte "Gewinn nach 24 Stunden: 857 €". Tolle Aussichten. Man fragt sich, warum Frau Friedman noch Mails schreibt, obwohl sie solch lukrative Anlagemöglichkeiten kennt.
"Wer hat da wieder meine Daten weitergegeben?" Auch zu dieser Frage haben sich schon Verschwörungstheorien entwickelt. Der wahrscheinlichste Grund dafür, dass potenzielle Anleger in den Adressenpool von Ganoven geraten, ist allerdings meist der Umgang mit den eigenen Daten oder die Neugierde, die bei Internetexkursionen gerne befriedigt wird. Es genügt, ein einziges Mal auf einer Homepage gelandet zu sein, die irgendeinen, wenn auch nur fernen, Bezug zu einem Geldthema hat. Homepages, die den einzigen Zweck verfolgen, an die Daten von passenden Opfern zu gelangen, sind zahlreich.
Es genügt eigentlich, die Ratschläge der belgisch-holländischen Finanzaufsicht (siehe oben) zu befolgen.
Der Beitrag wurde erstellt von Helmut Kapferer, langjähriger Fachjournalist mit dem Schwerpunkt Grauer Kapitalmarkt und aktuell Rechercheur bei der Deutsche Finanz Recherche GmbH, in Schlüchtern.
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