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Krankenversicherung 
Montag, 13.05.2019

GKV muss speziellen Rollstuhl finanzieren

Der Fall:

Der Kläger war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er litt an einer hereditären spastischen HSP. Es handelt sich hierbei um eine langsam fortschreitende Erkrankung, die durch eine spastische Gangstörung charakterisiert ist.

Die Beklagte hatte die beantragte Versorgung des Klägers mit einem motorunterstützten Rollstuhlzuggerät (Kosten: knapp 10.000 EUR) abgelehnt und sich hierzu auf die Einschätzung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) gestützt, der das begehrte Hilfsmittel nicht für erforderlich hielt, weder um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, noch um einer Behinderung vorzubeugen oder diese auszugleichen.

Nach Ansicht der Beklagten war eine wirtschaftlichere Versorgung entweder durch einen elektrisch unterstützten Greifreifenantrieb (Restkraftverstärker) oder auch - soweit die Verkehrseignung bei dem Patienten vorlag - die Versorgung mit einem Elektrorollstuhl möglich. Die behandelnden Ärzte des Klägers hatten zur Begründung der Verordnung des streitigen Gerätes darauf verwiesen, dass dieses der Sicherung der Mobilität und einer selbstbestimmten Lebensweise diene.

Die Entscheidung:

Das Sozialgericht Osnabrück gab dem Kläger Recht und verpflichtete die Beklagte zur Versorgung des Klägers mit dem begehrten Rollstuhl mit motorunterstütztem Rollstuhlzuggerät.

In § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V heißt es dazu: Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind.

Maßgebend für den von der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährenden Behinderungsausgleich ist dabei der Bewegungsradius, den ein nicht behinderter Mensch üblicherweise noch zu Fuß erreicht. Diesem Grundbedürfnis wurde nach Meinung des Gerichts durch den vorhandenen Greifreifenrollstuhl nicht ausreichend Rechnung getragen. Wegen der deutlichen Kraftreduzierung des Klägers in den Händen bestand eine deutliche Limitierung der eigenständigen Fortbewegung.

Auch ein Restkraftverstärker hätte laut Gericht keinen hinreichenden Behinderungsausgleich geschaffen. Denn durch diesen würde die Problematik der Kraftreduzierung der Hände nur bedingt und die bestehende gesundheitliche Problematik des Schulter-Arm-Syndroms gar nicht berücksichtigt. Durch die Versorgung mit einem Rollstuhl mit Rollstuhlzuggerät hatte der Kläger die Möglichkeit, sowohl den Elektroantrieb zu nutzen, als auch selbst noch Kraft zur Fortbewegung aufzuwenden.

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