Der Kläger, ein elfjähriges Kind, wurde an einem nassen und dunklen Wintermorgen kurz vor Schulbeginn vom Auto des Beklagten erfasst, als er eine Straße überqueren wollte, um nicht den Anschluss an seine drei Freunde zu verlieren. Der Beklagte hatte bereits die ersten Kinder beim Überqueren der Fahrbahn gesehen. Gleichwohl fuhr er mit überhöhter Geschwindigkeit weiter, worauf es zur Kollision mit dem Kläger kam.
Der Kläger begehrte die Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld gegenüber dem Beklagten und dessen Haftpflichtversicherer.
Das OLG gab der Klage statt. Nach Ansicht des Gerichts haftete der Beklagte vollständig für die Unfallfolgen, da ihm ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2a StVO vorzuwerfen sei. Er habe damit rechnen müssen, dass sich noch weitere Kinder auf der Fahrbahn befanden und dies zum Anlass nehmen müssen, die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs deutlich zu reduzieren. Notfalls hätte er anhalten müssen, bis er eine Übersicht über die Situation gehabt hätte.
Ferner war dem Beklagten wegen der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ein Verstoß gegen § 3 Abs. 3 Nr. 3 StVO vorzuwerfen. Ein vom Gericht bestellter Gutachter hatte festgestellt, dass der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit verhindert worden wäre.
Das OLG konnte auch kein Mitverschulden des Klägers wegen unvorsichtigen Überquerens der Fahrbahn erkennen. Die Fehleinschätzung des Klägers in Bezug auf die Entfernung und Geschwindigkeit des Fahrzeuges begründe in der Gesamtschau mit seinem kindlichen Alter und der gruppendynamischen Situation kein Verschulden. Der Unfall sei auf typisch kindlich unbesonnenes Verhalten zurückzuführen.
Die Verkennung der wahren Verkehrslage, insbesondere die fehlerhafte Einschätzung von Geschwindigkeiten und Abständen, sei geradezu ein Merkmal der noch in ihrer Entwicklung befindlichen eingeschränkten kindlichen Wahrnehmungsfähigkeit.
Selbst wenn man ein Mitverschulden bejaht hätte, wäre dies nach Auffassung des OLG hinter dem überragenden Verschulden des Beklagten zurücktreten.
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